Tänzerische Passagen enden in Ekstase
Hochkarätiges Benefizkonzert mit Adorno-Quartett für syrische Flüchtlinge in der Stadthalle
Das Benefizkonzert, das zugunsten des Kinderhilfswerks „terre des hommes" veranstaltet wurde, war ein voller Erfolg. Eine große Menschenschar hatte sich in der Stadthalle eingefunden, um hochkarätiger Musik zu lauschen und dabei Gutes zu tun. Zu hören war das Adorno-Streichquartett aus Frankfurt mit Kompositionen unterschiedlicher Stilrichtungen. Für alle war es ein erbaulicher Abend, der reihum zufriedene Gesichter hinterließ - so auch bei Wolfgang Deppisch von der Arbeitsgruppe Murgtal/Mittelbaden des Kinderhilfswerkes „terre des hommes", der den Künstlern wie auch dem Publikum für ihr Dasein und die notwendige Unterstützung syrischer Flüchtlinge dankte.
Hohe Musizierkunst legte das Adorno- Quartett unter Primarius Marat Dickermann (Violine) an den Tag. Mit Elena Tsaur (zweite Violine), Elen Guyoln (Viola) und Roland Horn (Frankfurt) hatte der erste Geiger des Sinfonieorchesters des Hessischen Rundfunks junge Kollegen zur Seite, die virtuos seine Fäden aufnahmen. Sehr melodiös und filigran wurde Joseph Haydns C-Dur- Quartett op. 50 Nr. 2 angegangen. Im Adagio zog ein wunderschönes Solo von Geigerin Tsaur die Aufmerksamkeit auf sich. Ein kontrastreich gespielter Menuettsatz leitete zum motivisch dichten, stürmischen Finalsatz über.
Astor Piazzollas Tangos sind weltberühmt, sein Tango-Ballett für Streichquartett nahezu unbekannt. Die vier Adornos interpretierten dabei fantastisch die charakteristischen Elemente des Tangos: mit harten Bogenschlägen, krassen Einwürfen oder klanglichen Imitationen des Bandoneons. Synkopische Rhythmen und raffinierte harmonische Wendungen ließen die Zuhörer gebannt lauschen. Mit viel Gefühl wurde die oft melancholische Stimmung des Tangos zum Ausdruck gebracht.
Ganz ungewohnte Klangspektren eröffneten sich auch bei Jozef Kofflers „Ukrainischen Skizzen für Streich- Quartett". Der polnische Avantgarde- Musiker war Schüler von Arnold Schönberg und wirkte als Zwölftonkomponist und Dozent für atonale Harmonielehre und Komposition. Er wurde 1934/44 von den Nazis ermordet, viele seiner Werke sind in den Kriegswirren verschollen, wie Cellist Roland Horn erklärte. Sehr bunt und vielschichtig wurden die sechs Sätze interpretiert. Dem modernen Charakter entsprechend kamen viel Pizzicato und Stakkato zum Einsatz, durchgängige Melodien waren rar. Zart und träumerisch erklang der langsame „Largo"-Satz, bevor im abschließenden „Al- legretto" tänzerische Passagen überwogen und in Ekstase endeten. Das Streich-Quartett in g-Moll von Franz Schubert beendete das Benefizkonzert.
Zeigte der Beginn noch klassisches Pathos, setzte als bald ein gefühlvolles Motiv der Violinen über pulsierender Bratsche und zupfendem Cello ein und der musikalische Stempel Schuberts machte sich breit. Fast hüpfender Duktus, unglaubliche Variationsfülle, unruhige Tremoli - das ADORNO-Quartett gab Schuberts Intention glänzend wider.
Als Zugabe und Dank für den kräftigen Applaus gab es eine temperamentvolle Zupfpolka von Dmitri Schostakowitsch. Nach der Konzertpause trat Organisator Wolfgang Deppisch vor die Zuhörer, um deutlich die Missstände der europäischen und deutschen Flüchtlingspolitik anzuprangern. Mit dem Erlös des Abends werden drei syrische Flüchtlingslager in Jordanien unterstützt.
BNN 02.12.2013
Text + Fotos:
Irene Schneid-Horn
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