Pressebericht des Jazzkonzerts im Neuen Rathaus Kuppenheim
am 10.7.2004
(Badische Neueste Nachrichten vom 13.07.2004)
Cross-over von Jazz und Kammermusik
Benefizkonzert von terre des hommes mit Salta Cello im
Foyer des Kuppenheimer Rathauses
|
LIEBESGEDICHTE von Eduard M�rike bot die S�ngerin Sandra Hartmann bei einem �berzeugenden Auftritt w�hrend des Benefizkonzerts von terre des hommes in Kuppenheim. |
Das Leid der Kinder in der Welt mildern, das kann man auch vor Ort, etwa
durch Veranstaltungen, wie es die Aktiven von „terre des hommes" Murgtal/Mittelbaden
immer wieder unter Beweis stellen. Das 34. Konzert, das ins Foyer des Neuen
Rathauses in Kuppenheim verlegt worden war, brachte durch Eintritte, Pausenverzehr
und Sponsoren mehr als 4 000 Euro ein, so Heinz Wolf. Das Geld soll zum Aufbau
und Unterhalt in vier Zentren für unterernährte Kinder in Burkina
Faso eingesetzt werden, von denen Wolfgang Deppisch zu Beginn des Abends berichtete.
Hohen musikalischen Genuss versprach „Salta Cello", drangvolle
Enge herrschte daher im Foyer. „Salta Cello", das sind fünf
Hochkaräter, die mühelos Grenzen überwinden, auf sensitive Weise
Stile ineinander fließen lassen und Inspirationen deutlich aufzeigen.
Ihre mitreißenden Interpretationen beruhen auf spürbarer Lust an
musikalischen Experimenten und auf überspringender Spiellaune. Peter Schindler
ist nicht nur ein ausnehmend behutsamer, ungemein virtuoser Pianist, sondern
auch Komponist, der seinem „Ensemble" alle Stücke „auf
den Leib" geschrieben hat, jedem Einzelnen dabei genügend Raum für
improvisatorische Inspirationen einräumt.
Der Cellist Wolfgang Schindler gibt mit meisterlichem Spiel in divergierenden
Techniken dem Quintett den Namen: „Salta Cello" - „springe
Cello", womit aus dem Rahmen springen gemeint ist, denn ein Cello in einem
Jazz-Ensemble ist durchaus nicht alltäglich. Partnerschaft und Kontrast
zu den Saxofonen oder der Bassklarinette von Peter Lehel sind vor allem in
gegenseitigen Kommentierungen und Umspielungen überaus reizvoll. Die einfallsreichen
Improvisationsausflüge von Mini Schulz (Bass) und Herbert Wächter
an den Drums sind ebenfalls ein besonderer Hörgenuss. Neben dem Jazz als
Fundament gab es viele kammermusikalische Momente, hörbare Einflüsse
aus Südamerika, vor allem aber hat Peter Schindler Eindrücke mehrerer
Koreareisen reizvoll einfließen lassen.
Im zweiten Teil erlebten die Konzertbesucher dann ganz andere Musik. Am 8.
September jährt sich zum 200. Mal der Geburtstag des schwäbischen
Lyrikers Eduard Mörike. Aus diesem Anlass hat Peter Schindler 13 Liebesgedichte
zu jazzinspiriertem Chansons vertont und mit Salta Cello unter dem Titel „Rosenzeit" aufgenommen,
ein wohl einzigartiges Unterfangen. Die Verbindung von romantischer Lyrik mit
Jazz scheint den Dichter nahe an die Gegenwart zu rücken. Dieses Experiment
wurde jedenfalls von den Zuhörern akzeptiert und mit viel Applaus gefeiert.
Mit Sandra Hartmann hat man eine Sängerin gefunden, die sich ganz mit
den Interpretationen identifiziert und ihnen mit angenehmem „Mezzo" und
nuancierter Gestaltung in jeweils angemessen akzentuierter Deklamation überzeugend
Ausdruck verleiht. Sie beherrscht den kontrollierten Einsatz der Resonanzräume,
hat eine gute Atemstütze und vermag deshalb ihre Stimme sehr variabel
einzusetzen, sowohl in gefühlvollen Passagen, wie auch bei emotionalen
Zuspitzungen und Temperamentsausbrüchen.
Oft hat Schindler sehr einfache Themen verwendet, um Mörikes Sprache
wirken zu lassen. Farbigkeit beziehen die Chansons aus der abwechslungsreichen
Instrumentierung, in der die Instrumente stets zu Miterzählern, Kommentatoren
und Gestaltern der Szenerie werden. Der ausgezeichnete Gitarrist Dieter Fischer
vervollständigte das Ensemble mit faszinierenden Improvisationen in konzertanten
und packenden Zwischenspielen - genau wie Peter Lehel auf Saxofonen, Klarinette,
Bassklarinette und Flöte sowie Wolfgang Schindler oft mit genussvollem
Legatospiel oder Mini Schulz auf seinem Kontrabass mit und ohne Bogen.
In den Liedern wird die ganze Palette emotionaler Erlebniswelt des jungen
Mörike offenbar, wahrlich ein weites Feld für textorientierten musikalischen
Einfallsreichtum in einem Cross-over von Jazz und Kammermusik, das Peter Schindler
und Salta Cello bestens beherrschten. Ein besonderes Beispiel dafür war
der „Feuerreiter" als Zugabe nach dieser gelungenen Konzert-Uraufführung
von „Rosenzeit".
Wolfgang Epp
|